III Im Zeichen der Eule: Das Alte Griechenland

Vor der Einführung des Münzgeldes benutzten die alten Griechen diverse Formen von Natur- und Werkzeuggeld, unter anderem den sogenannten ‚Obol‘: Nägel, Keile oder Pfeilspitzen aus Eisen. Sechs davon passten in eine Hand und waren eine ‚Drachma‘ (‚Handvoll‘).

Als erste griechische Stadt bringt die alte Handelsmetropole Aegina ca. 570 v. Chr. Geldmünzen in Umlauf, ein Beispiel, dem zuerst Korinth, dann Athen und schliesslich die meisten anderen griechischen Stadtstaaten noch vor Ende des Jahrhunderts folgen. Das grundsätzliche Neue an den griechischen Geldsystemem würde sein, dass ihre Münzen nach ihrem Nominalwert und nicht nach ihrem Gewicht akzeptiert wurden: Ihr Wert war höher als der der Barren, aus denen die sie gegossen wurden. Athener Münzen mit der Eule als Wappentier fanden als Handelswährung im gesamten Mittelmeerraum Verbreitung.

Mit der Demokratisierung Athens (504 v. Chr) entstehen eine Reihe spezieller Kreditformen. Der blühende Seehandel im östlichen Mittelmeer z.B. führt zur Enststehung von Handels- und Exportkrediten. Da Seereisen wetter- und saisonabhängig waren, und Schiffe möglichst voll beladen fahren mussten, war Organisationsgeist gefragt. Leztendlich war der Gesamtwert einer Schiffsfracht meistens so hoch, dass er dem Handelsfahrer entweder durch den Verkäufer oder von einem aristokratischen Investoren vorgestreckt werden musste. Der Händler belud sein Schiff also mit Waren, die er erst nach seiner Rückkehr bezahlte, und zwar mit Zinsaufschlag.

Geldwechsler und Pfandleiher hatten Stände auf Marktplätzen und versorgten Kaufleute mit lokaler Währung. Diese ‚Tisch‘- oder ‚Bank‘-Inhaber nahmen auch Geldeinlagen entgegen, allerdings ohne Zinsen dafür auszuzahlen. Ihre Leistung bestand lediglich in der sicheren Aufbewahrung.

Die beträchtliche Rivalität unter den griechischen Stadtstaaten führt zu Verfeinerungen in der Kunst der Münzherstellung. Das Wappen der Stadt auf der Münze wurde zum Symbol für politische und wirtschaftliche Unabhängigkeit. Schönheit sowie Wert der Geldstücke wurden zu einer Prestigefrage. Den griechischen Münzen des fünften Jahrhunderts v Chr. wird nachgesagt, sei seien die schönsten aller Zeiten.

Auch mit der Eigendynamik des Finanzwesens durften die alten Griechen Bekanntschaft machen. Die Eroberung der athener Silberminen durch Sparta 407 v.Chr. zum Beispiel verursachte innerhalb kurzer Zeit das wahrscheinlich älteste dokumentierte Beispiel der sogenannten Greshamschen Regel, die besagt, dass ‚gutes Geld‘ durch ’schlechtes Geld‘ vom Markt gedrängt wird: Die Knappheit an Silber führte zunächst zur Prägung von Münzen aus Bronze mit einem dünnen Silberbelag, woraufhin die ‚echten‘ Silbermünzen sehr schnell fast vollständig vom Markt verschwanden, da sie von jedermann zurückgehalten wurden. Etwa 10 Jahre nachdem Aristophanes diese Episode in seinem Stück ‚Die Frösche‘ (405 v. Chr.) verarbeitet hatte, wurden die Brozemünzen wieder aus dem Verkehr gezogen.

Ab dem 4. Jahrhundert differenzierten sich Finanzdienstleitungen weiter: Tempel, städtische Einrichtungen und Privatleute bieten Geldwechsel, Führung von Sparkonten und Scheckverkehr an. So war es möglich, vor einer Reise Werte gegen Austellung einer Gutschrift zu deponieren und diese dann am Ankunfstort wieder gegen bares Geld einzulösen. Nicht selten waren hierbei interstädtische bzw. internationale Verbindungen von Nutzen, weswegen und viele Banker ‚Ausländer‘ (metics) waren. Durch sie verbreitete sich kredit-basiertes Bankwesen über den gesamten Mittelmerraum. Zinsätze für Normalkredite lagen bei etwa 10%, für riskante Exportkredite zwischen 20 und 30%.

Die Epoche Alexanders des Großen (336-323 v.Chr.) schliesslich setzt bis dahin unbekannte Maßstäbe bezüglich der Verschmelzung von Finzanzwesen und Aussenpolitik. Alexander konsolidiert seine Eroberungen durch Vereinheitlichung von Währung und Wechselkursen und integriert damit Orient und Mittelmeerraum zu einem Grosshandelsgebiet. Die Ägäeninsel Delos (bei Mykonos) mit ihrem berühmten Apollo-Tempel wird zum Bankenzentrum, wo Transaktionen nicht mit mehr in bar sondern durch Überweisungen von einem Konto zum anderen getätigt werden können, und das in Ägypten seit alther praktizierte System der Nutzung ländlicher Getreidespeicher als Kommunalbanken wandelt sich unter griechischem Einfluss in ein modern anmutendes Netzwerk von ‚Getreide-Giro-Filialen‘ inklusive einer Steuern einziehenden und Beamtengehälter auszahlenden Zentralbank in Alexandria.
Griechische Münzen setzen sich als Universalwährung durch und beeinflussen über Alexanders keltische das europäische Geldwesen bis nach Gallien und Britannien hinauf. Delos, das bedeutenste Bankzentrum zur Zeit des Aufstiegs des römischen Reiches, wird zu dessen einflussreichstem Vorbild.

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